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Medwedew: Keine Angst vor "Kaltem Krieg"

in Archiv 26.08.2008 21:51
von Flachzange • Administrator...Chef von des Ganze ;-) | 21 Beiträge

Nach einer Auflistung internationaler Völkerrechtsdeklarationen bis hin zur Schlussakte von Helsinki kommt Medwedew zum entscheidenden Satz. "Ich habe im Namen der Russischen Föderation die Anordnungen über die Anerkennung der Unabhängigkeit Südossetiens und der Unabhängigkeit Abchasien unterschrieben", sagt Medwedew kurz vor Abschluss seiner kurzen Erklärung. Das wiederholt aggressive Verhalten Georgiens habe ihm keine andere Wahl gelassen.
Diese Entscheidung kommt einem Befreiungsschlag für die gedemütigte russische Volksseele gleich. Seit dem Zerfall der Sowjetunion vor zwei Jahrzehnten fühlten sich die Russen vom Westen und vor allem von der NATO immer wieder erniedrigt. Politisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich geschwächt musste das Riesenreich die NATO-Osterweiterung, die Bombenangriffe gegen Ziele in Serbien 1999 und zuletzt die US-Raketenabwehrpläne für Mitteleuropa zähneknirschend hinnehmen.
Kompromisslos und beratungsresistent

In der Südossetien-Frage hat nun der Kreml - kompromisslos und beratungsresistent - seine strategischen Interessen im Machtkampf mit dem Westen durchgesetzt. Für die öffentliche Meinung in Russland ist es dabei nebensächlich, ob dieses Szenario von Anfang an so in Moskau geplant war oder der Kreml auf den georgischen Angriff auf Zchinwali reagierte. Jahrelang verfolgten Russlands Generäle das Militärengagement der USA vor ihrer Haustür mit der geballten Faust in der Tasche. Nun ist die hoch gerüstete Armee Georgiens in die Knie gezwungen, ein Teil des Kernlandes auf nicht absehbare Zeit unter russischer Kontrolle und die territoriale Einheit des Landes zerschlagen.

Gleichzeitig bekräftigte er die Standhaftigkeit seines Landes gegenüber dem Westen. "Wir haben vor nichts Angst, auch nicht vor der Aussicht auf einen Kalten Krieg", sagte Medwedew am Dienstag in einem auf Englisch übersetzten Interview des englischsprachigen Fernsehsenders Russia Today. "Natürlich wollen wir das nicht", fügte der Staatschef hinzu. "Alles hängt von der Haltung unserer Partner, der Weltgemeinschaft und unserer Partner im Westen ab."

Auf die Frage, ob Russland auf die Konsequenzen seiner Anerkennung der beiden abtrünnigen georgischen Provinzen vorbereitet sei, sagte Medwedew: "Wenn der Westen gute Beziehungen zu Russland aufrechterhalten will, wird er die Gründe für eine solche Entscheidung verstehen, und die Lage wird ruhig sein." Russland habe sich vollständig an den mit dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy ausgehandelten Sechs-Punkte-Friedensplan gehalten, fügte Medwedew hinzu. "Unsere Streitkräfte haben sich aus Georgien zurückgezogen, mit Ausnahme der sogenannten Sicherheitszone."
"Es ist eine schwere Entscheidung"

Zum Abschluss seiner knapp fünfminütigen Erklärung erlaubt sich Medwedew noch eine persönliche Anmerkung. "Es ist eine schwere Entscheidung, aber es ist die einzige Möglichkeit, das Leben der Menschen zu retten", sagt der Kremlchef, bevor ihn der russische Nachrichtensender ausblendet.

Diese Worte dürften vor allem für Deutschland und andere Länder in der NATO und der EU ein Schlag sein, die ungeachtet der Eskalation in den vergangenen Wochen für eine Verhandlungslösung mit Russland warben. Medwedew machte mit seinem Finale deutlich, dass es für Russland eben doch keine Option war, die russischen Militärs irgendwann durch eine internationale Schutztruppe abzulösen.

Auf erstes reagiert die Börse in Moskau auf den diplomatischen Paukenschlag. Der RTS-Kurs bricht auf den tiefsten Stand der letzten zwei Jahre ein. Die Händler ahnen, dass diese Entscheidung des Kremls dramatische Auswirkungen auf die Wirtschaftsbeziehungen Russlands mit dem Westen haben könnte.
Kritik per SMS

Der Radiosender "Echo Moskwy", eine der letzten kritischen Stimmen in der russischen Öffentlichkeit, lässt gleich nach der Medwedew-Erklärung seine Hörer zu Wort kommen. Einer macht sich Sorgen vor einer Kettenreaktion von Unabhängigkeitsbestrebungen im eigenen Land. "Dieser Tag wird als Datum in die Geschichte eingehen, an dem Russland auseinanderfällt", schreibt er per SMS.

Ein anderer Hörer fühlt sich durch die Medwedew-Entscheidung an ein Treffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel im März mit dem damals aus dem Amt scheidenden Präsidenten Wladimir Putin erinnert. Der Westen müsse nicht glauben, dass es mit dem Neuen im Kreml leichter werde, sagte Putin damals.

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